Bei jedem neuen Projekt in einer Lackiererei, beispielsweise der Einführung eines neuen Fahrzeugmodells, müssen zahlreiche Prozesse und Parameter sehr präzise eingestellt werden, bis der applizierte Lack an jeder Stelle der Karosserie die geforderte Schichtdicke aufweist. Bis alles korrekt justiert ist, werden in einem aufwändigen Parametrierprozess Karosserien testweise lackiert. Dieses Verfahren können Hersteller mit dem neuen Simulationswerkzeug von Dürr jetzt virtuell abbilden und optimieren. Es ist daher möglich, die Anzahl der Testlackierungen auf wenige Versuche und die Anzahl der Testkarosserien um mehr als 50 % zu reduzieren. Das macht Inbetriebnahmen effizienter, senkt die Materialkosten und führt zu weniger fehlbeschichteten Karosserien.
Auf dem Weg zur digitalen Lackiererei
Die Simulation des Lackierprozesses ist einer von vielen wichtigen Bausteinen auf dem Weg zur vollständig digitalisierten Lackiererei. Das Ziel ist es, mit durchgängig computerunterstützten Produkt- und Prozessentwicklungen den Lackiervorgang wirtschaftlicher zu machen – bei gleichbleibend hoher Qualität. Simulationen unterstützen dabei, noch bevor die ersten Fahrzeug-Prototypen überhaupt in die Produktion kommen. Mit qualifizierten Berechnungen untersuchen sie, wo eventuell Probleme auftreten könnten. In Bezug auf die Schichtstärke beinhaltet dies auch anspruchsvoll zu lackierende Karosseriestellen, beispielsweise Stöße am Kofferraum.
Realität vorab am Computer visualisieren
Das Konzept des neuen Moduls von DXQ3D.onsite ist dreigeteilt: Im ersten Schritt wird virtuell berechnet, wie viel Lack an jeder Stelle aufgetragen wird. Die Software simuliert dabei ausschließlich mit idealisierten, virtuellen Spritzbildern, die sich eng an reale Gegebenheiten anlehnen. Die Spritzbilder sind dynamisch in der Höhe und mit unterschiedlichen Breiten skalierbar. Der Nutzer kann diese beiden Parameter variieren, um abzuschätzen und zu visualisieren, wie sich unterschiedliche Spritzbildbreiten und prozentuale Ausflussraten grundsätzlich auf die Schichtdickenverteilung auswirken. Um die Realität vorab am Computer abzubilden, erstellt das Softwaremodul einen digitalen Zwilling von allen entscheidenden Einzelkomponenten in Form elektronischer Daten. Bei der ersten Simulation rechnet das Tool die eingelesenen Dateiformate automatisch in ein eigenes 3D-Dateiformat der Karosserie um. Das hält alle benötigten Zusatzdaten bereit und entfernt gleichzeitig alle für die Lackierung unwesentlichen Daten. Dadurch verringern sich der benötigte Speicherplatz sowie die Rechenzeit, sodass sich das Programm auch direkt an der Lackierkabine per Notebook in der Produktion einsetzen lässt. Werden alle relevanten Daten final zusammengeführt, entsteht ein virtuelles Spritzbild entlang der offsite-programmierten Roboterbahnen. Es summiert die Schichtdicken auf und stellt diese in einer 3D-Farbkarte dar. So lassen sich verschiedene Optimierungslösungen transparent visualisieren, in Teamarbeit abwägen und verbessern.
Der komplette Beitrag ist in der JOT 07/2021 erschienen.
Autor(en): Dürr Systems AG