Präzise Aussagen zur Früherkennung von Qualitätsmängeln oder Ausfällen gibt es im Lackierprozess bisher kaum. Und wenn, basieren sie in der Regel auf einer mühsamen analogen Datenauswertung oder Trial-and-Error-Versuchen. Mittels Künstlicher Intelligenz (KI) können solche Aussagen wesentlich genauer und automatisch getroffen werden. Mit der neuen selbstlernende Anlagen- und Prozessüberwachung Advanced Analytics von Dürr lassen sich große Datenmengen einschließlich historischer Daten mit maschinellem Lernen kombinieren. Im übertragenen Sinne bedeutet das: Die selbstlernende KI-Applikation besitzt ein Gedächtnis. Dadurch kann sie, basierend auf den Informationen aus der Vergangenheit, sowohl komplexe Zusammenhänge in großen Datenmengen erkennen, als auch anhand des aktuellen Zustands einer Maschine ein Ereignis in der Zukunft sehr exakt prognostizieren. Dafür gibt es viele Anwendungsfälle in Lackieranlagen – auf der Komponenten-, Prozess- und Anlagenebene.
Vorausschauende Wartung verringert Anlagenstillstand
Im Bereich der Komponenten zielt Advanced Analytics darauf ab, die Downtime durch prädiktive Wartungs- und Instandhaltungsinformationen zu verringern, wie etwa durch die Prognose der verbleibenden Lebensdauer eines Mischers. Wird das Bauteil zu früh getauscht, erhöht das unnötig die Ersatzteilkosten und Instandhaltungsaufwände, während ein zu später Tausch zu Qualitätsproblemen bei der Beschichtung und zu einem Maschinenstillstand führen kann. Die Software erlernt zunächst anhand hochfrequenter Roboterdaten die Verschleißindikatoren und das zeitliche Muster des Verschleißes. Da die Daten kontinuierlich erfasst und überwacht werden, erkennt das Machine-Learning-Modul – basierend auf der tatsächlichen Nutzung – Alterungstrends individuell für die jeweilige Komponente und berechnet so den optimalen Austauschzeitpunkt.
Machine Learning simuliert kontinuierliche Temperaturkurven
Die Applikation verbessert die Qualität auf der Prozessebene, indem es Anomalien feststellt, etwa durch eine Simulation der Aufheizkurve im Trockner. Bisher stehen den Herstellern nur Daten zur Verfügung, die Sensoren bei Messfahrten ermitteln. Die Aufheizkurven, die für die Oberflächenqualität der Karosserie von entscheidender Bedeutung sind, verändern sich jedoch, da der Trockner in den Intervallen zwischen den Messfahrten altert. Der Verschleiß bewirkt schwankende Umgebungsbedingungen, etwa bei der Stärke des Luftstroms. Heutzutage werden Tausende Karosserien produziert, ohne dass wir wissen, auf welche Temperaturen die einzelne Karosserie aufgeheizt wurde. Durch das maschinelle Lernen simuliert das Machine-Learning-Modul, wie sich die Temperatur bei unterschiedlichen Bedingungen verändert. Dadurch erhalten Anwender einen permanenten Qualitätsnachweis für jede Einzelkarosserie und können Anomalien feststellen.
Höhere Erstläuferquote steigert Gesamtanlageneffektivität
Auf Anlagenebene wird die Software DXQplant.analytics mit dem Modul Advanced Analytics eingesetzt, um die übergreifende Gesamtanlageneffektivität (Overall Equipment Efficency, OEE) zu steigern. Die Künstliche Intelligenz spürt systematische Fehler auf, wie beispielsweise wiederkehrende Qualitätsdefekte bei bestimmten Modelltypen, speziellen Farben oder an einzelnen Karosserieteilen. Das wiederum erlaubt Rückschlüsse, welcher Schritt im Produktionsprozess für die Abweichungen verantwortlich ist. Solche Fehler-Ursachen-Korrelationen erlauben es zukünftig, die Erstläuferquote zu erhöhen, da sehr frühzeitig reagiert werden kann.
Autor(en): Wi