Ein deutsch-tschechisches Expertenteam aus Forschung und Industrie unter Leitung der Industrieforschungseinrichtung Innovent e.V. entwickelt plasmabasierte Verfahren zur Vorbehandlung und Haftungssteigerung funktioneller Flachgläser. Die verschiedenen Methoden wie Plasmajets, Oberflächen-Barriereentladungen oder Volumen-Barriereentladungen ermöglichen eine Behandlungsbreite von bis zu 60 Zentimetern. Die Plasmatechniken wurden erfolgreich im Labor und an Prozesslinien unter industriellen Bedingungen evaluiert und erzielen eine deutliche Reduktion von Organik-Rückständen an den Glasoberflächen wie analytische Untersuchungen mittels Infrarotspektroskopie und XPS ergaben. Ebenso wurden die Benetzungseigenschaften an beiden Glasseiten (Luft- und Zinnbadseite) und homogen über die plasmabehandelte Glasbreite signifikant verbessert (Wasserkontaktwinkel <10°). Ein DCSBD-Plasmasystem (DCSBD = Diffuse Coplanar Surface Barrier Discharge) erwies sich dabei als besonders vorteilhaft. Mit Behandlungszeiten von maximal zwei Sekunden konnte eine effektive Aktivierung erreicht werden.
Verbesserte Lackhaftung
Eine Veredelung der Glasoberfläche mit funktionellen Schichten kann unter anderem mit Pulverlack erfolgen. Dabei lassen sich die gewünschten Farbeigenschaften erzielen, verbunden mit einer gewissen Schutzwirkung des Glases zum Beispiel gegenüber Umwelteinflüssen oder Korrosionsneigung. Das Spektrum reicht von deckenden Lacken über transparente beziehungsweise farbig-transparente Systeme bis hin zu Effektlacken. Durch die Plasmabehandlung der Flachgläser lässt sich die Lackhaftung erheblich steigern. Beispielhaft ist in Bild 1 ein Polyester-basiertes Pulverlacksystem dargestellt. Die Proben wurden einer definierten Alterung in alkalischer Umgebung bei erhöhter Temperatur unterzogen. Während an den Referenzgläsern eine vollständige Delamination des Pulverlackes auftrat, wurde durch die Plasma-Glas-Interaktion die Lack-Unterwanderung begrenzt. Resultierende Zugfestigkeiten nach DIN EN ISO 4624 betrugen bis zu 12 MPa. Die entwickelten Plasmamethoden verbessern weiterhin die Bindung von PVB-Folien an die Glasoberflächen. In-Line-Plasmaversuche erfolgten dabei innerhalb einer industriellen VSG-Fertigungslinie mit anschließenden analytischen Kugelfalltests nach DIN 52338 und Biegetests an den produzierten Sicherheitsgläsern. Nach Plasmabehandlung beider VSG-Komponenten fand keinerlei Glasbruch bei dem Kugelfalltest statt. Die Bruchkräfte als Maß der Zerstörschwelle der Sicherheitsgläser wurden um bis zu 60 Prozent gegenüber Standard-VSG gesteigert. Mit Hilfe der flächigen Plasmen findet eine Erweiterung der technischen Einsatzgrenzen funktioneller Gläser statt. Je nach Anforderung sind sowohl ein weiteres Up-Scaling der Plasmabreiten möglich als auch die Übertragung auf andere Materialklassen.
Autor(en): Innovent e.V.