Die Grundlagenforschung im Bereich der Künstlichen Intelligenz zeigt, was wirklich möglich ist: Wiedererkennungsraten mit höherer Genauigkeit als der Mensch. Was auf den ersten Blick faszinierend klingt, lässt sich jedoch nicht ohne Weiteres in industrienahe Anwendungen transferieren. Denn was diese modernen Methoden der digitalen Bildverarbeitung benötigen sind Daten – und davon jede Menge. In der Bildverarbeitung haben sich Convolutional Neural Networks (CNNs) durchgesetzt, eine spezielle Art von künstlichen neuronalen Netzen. Um verlässlich etwa 1000 Gegenstände und Objekte des alltäglichen Lebens wieder zu erkennen, sind beispielsweise über eine Million annotierte Bilder notwendig, die diese Netze als Trainingsdaten benutzen. Doch wo sollen diese Daten in Industrieprozessen herkommen und worauf muss bei der Aufnahme der Bilder geachtet werden? Am Fraunhofer IPK wurde dazu eine Plattform entworfen, die es Unternehmen erleichtert die wirkungsvollen KI-Methoden in ihre Produktions- und Logistikprozesse zu integrieren. Von der Datenerfassung und -annotation, über das Training, die Validierung und die Optimierung der KI-Modelle bis hin zur Integration in den Prozess bietet Logic. ("Logic Dot") alle Werkzeuge, die es für einen erfolgreichen Einsatz braucht.
Anwendungsszenario Oberflächeninspektion
Die möglichen Anwendungsfälle sind zahlreich: zum Beispiel die optische Inspektion zur Oberflächenprüfung von verschiedenen Produkten (Logic.Inspect), aber auch die Wiedererkennung von Bauteilen oder das Zählen und Prüfen auf Vollständigkeit von Montagekits (Logic.Ident). Am Fraunhofer IPK wurde bereits gezeigt, dass auch mit anfänglichen kleinen Datensätzen gute Genauigkeitsraten erzielt werden. Dazu wurden vorrangig die Techniken der Data Augmentation (künstliche Erweiterung der vorhandenen Daten) und des Transfer Learnings (gezieltes Einbringen von Vorwissen) verwendet. Direkt am Wareneingang wird die Oberfläche von angelieferten Bauteilen geprüft. KI-Methoden markieren fehlerhafte Stellen auf dem Bild, sodass Mitarbeiter schnell die Schadstellen lokalisieren und überprüfen können. Die guten Erkennungsraten von KI-Methoden helfen dabei auch kleinste Fehler zu finden, minimieren jedoch Falschalarme durch Rauschen oder andere Störeinflüsse.
Aufbauend auf den anfänglich kleinen Datensätzen, wird auf das Konzept von Assistenzsystemen gesetzt. Im Fall der Wiedererkennung wird beispielsweise ein Bauteil mit einer Kamera erfasst. Das zur Wiedererkennung trainierte KI-Modell erstellt eine Vorschlagsliste (bestehend aus den zum Beispiel fünf wahrscheinlichsten Bauteilen, die in Frage kommen), aus der ein Mitarbeiter dann das entsprechende Bauteil auswählt – so werden direkt Daten erhoben und -annotiert, die für einen späteren Weiterlernprozess der KI genutzt werden können. Das Prinzip, das kontinuierliche Lernen direkt in die Unternehmensprozesse einzubinden, macht die Anwendung von KI-Methoden erschwinglich und ist der Kern von Logic.
Autor(en): Jan Lehr, Fraunhofer IPK