Die Vielfalt an zur Verfügung stehenden Strahlverfahren stellt Anwender immer wieder vor die Herausforderung, die optimale Lösung für ihren individuellen Anwendungsfall zu finden. Der Strahlexperte Paul Auer hat sich in den letzten Jahren insbesondere auf das Nassstrahlen konzentriert und dieses Verfahren stetig weiterentwickelt. Die anfänglich sehr einfachen Anlagen, hauptsächlich manuelle Handstrahlkabinen mit einem einfachen Behälter, in dem Strahlmittel mit Wasser vermischt und über spezielle Mixer in Mischung gehalten wird, befinden sich zwar immer noch in vielen Betrieben im Einsatz, allerdings nimmt die Nachfrage nach komplexeren und vollautomatischen Systemen seit Jahren stetig zu. Dies liegt vor allem an den hohen und immer weiter steigenden Anforderungen an die Reproduzierbarkeit der Strahlergebnisse aufgrund steigender Stückzahlen und den vielfältigen Vorteilen gegenüber dem Trockenstrahlen.
Nassstrahlen vs. Trockenstrahlen
Im Unterschied zum Trockenstrahlen, bei dem Strahlmittel und Werkstücke möglichst trocken sein und auch bleiben müssen, können beim Nassstrahlen auch feuchte oder nasse sowie leicht ölige Werkstücke problemlos bearbeitet werden. Dabei wird gezielt eine bestimmte Menge Strahlmittel mit Wasser vermischt. Dieses Wasser-Strahlmittelgemisch wird vorbeschleunigt zu einer Strahldüse transportiert und dort normalerweise zusätzlich mit Druckluft beaufschlagt. Der hierdurch entstehende Sprühstrahl wird auf die zu bearbeitende Oberfläche gerichtet und das im Wasser enthaltene Strahlmittel erzeugt in Wechselwirkung damit eine entsprechende Oberfläche. Die Homogenität des Wasser-Strahlmittelgemisches gewährleistet eine ebenso homogene und gleichbleibende Oberflächenqualität. Durch präzise Regelung der Menge und des Druckes lässt sich das Strahlergebnis mit entsprechend feinem Strahlmittel sogar im Mikrometer-Bereich einstellen.
Durch Zugabe von Korrosionsschutz oder anderen können die Eigenschaften der Oberfläche an den individuellen Bedarf und folgende Fertigungsschritte angepasst und so verbessert werden. Die bei Trockenstrahlen auftretende Gefahr von Strahlmittelenschlüssen in der Oberfläche, insbesondere bei weicheren Metallen, wird durch den Einsatz von Nassstrahlverfahren deutlich reduziert. Zudem ist beim Nassstrahlen keine zusätzliche Absaugung in Form von Entstaubung (Staubabsaugung) erforderlich, da der Abtrag sofort im Wasser gebunden und somit das Entstehen von Staub fast vollständig vermieden wird.
Je nach eingesetztem Strahlmittel und Körnung lassen sich wesentlich glatteren Oberflächen erzeugen als beim Trockenstrahlen. Klassische Strahlmittel für das Nassstrahlen sind Korunde, also Aluminiumoxide, in den Qualitäten "braun", "weiß", oder "rosa". Aber auch Glasperlen beziehungsweise Keramikperlen sowie verschiedene Granulate aus Kunststoff kommen sehr häufig zum Einsatz. Der Strahlmittelverbrauch ist im Vergleich zum Trockenstrahlen deutlich geringer und der Aufprall der einzelnen Strahlmittelkörner wird durch das umgebende Wasser gedämpft.
Strahlmittel-Wassergemisch regelmäßig wechseln
Eine besondere Anforderung und gleichzeitige Herausforderung beim Nassstrahlen ist die Aufbereitung des Strahlmittel-Wassergemisches. Im Gegensatz zu Trockenstrahlanlagen, bei denen zu feines Korn einfach abgesaugt und zu grobes Korn oder Verunreinigungen ausgesiebt werden können, verbleibt beim Nassstrahlen zunächst alles im Wasserbad. Da sich eine Anreicherung also nicht verhindern lässt, muss bei vielen Anlagen das gesamte Strahlmittel-Wassergemisch nach einer bestimmten Zeit (Standzeit) vollständig ausgetauscht werden. Das Wechselintervall ist dabei immer auf den jeweiligen Anwendungsfall abzustimmen und kann monatlich oder auch deutlich öfter erforderlich werden. Maßgeblich für diesen Wechsel sind regelmäßige Kontrollen des Gemisches und eine ebenso regelmäßige Überprüfung der Strahlergebnisse.
Beim Nassstrahlen mit einer vollautomatischen Anlage wird das Werkstück manuell oder per Roboter im Werkstückträger abgelegt. Die individuellen Träger sind so ausgeführt, dass sie den Strahlprozess automatisch optimal durchlaufen und ein perfektes Strahlergebnis gewährleisten. Der individuelle Strahlprozess läuft entsprechend den Parametern des in der SPS-Steuerung gespeicherten, individuellen Strahlprogrammes ab. Während dem gesamten Prozess kann bei Bedarf Spülwasser generiert werden, mit dem das jeweilige Werkstück in einer separaten Spülkammer des Strahlautomaten abgespült und so für Folgeprozesse vorgereinigt werden kann. In einer weiteren Kammer kann ein zusätzlicher Abblasprozess erfolgen, der das Bauteil trocknet und die Bauteilsauberkeit somit zusätzlich weiter verbessert. Anschließend kann das Werkstück entnommen werden. Alle automatischen Abläufe erfolgen weitestgehend parallel und zeitoptimiert.
Der komplette Beitrag ist in der Jubiläums-Ausgabe von JOT erschienen
Autor(en): Paul Auer GmbH