Die vollständige Digitalisierung von Maschinen, Anlagen und Geräten führt oftmals zur Entstehung von Datensilos innerhalb des eigenen Unternehmens. Datensilos vermindern jedoch die Qualität der Daten, behindern die interne Zusammenarbeit und verlangsamen Entscheidungsprozesse. Hierunter leidet nicht nur die Nutzbarkeit der digitalen Assets, sondern als Folge auch die Erschließung neuer Erkenntnisse über Produktionsprozesse, die Entscheidungslatenz so wie die Kundenbindung. Mit dem Konzept "GAIA-X" hat die deutsche Bundesregierung in Kooperation mit europäischen Partnern einen Vorschlag zur Gestaltung der nächsten Generation einer Dateninfrastruktur für Europa ausgearbeitet, die sich den genannten Problemen entgegenstellt. Ziel von GAIA-X ist eine auf europäischen Werten basierende, sichere und vernetzte Dateninfrastruktur, welche die höchsten Ansprüche an digitaler Souveränität erfüllt und disruptive Innovationen fördert. In einem offenen und transparenten digitalen Ökosystem sollen Daten und Dienste unkompliziert verfügbar gemacht, zusammengeführt und vertrauensvoll geteilt werden. Mit diesen Zielen als Leitlinie haben der Lehrstuhl für Technologie der Fertigungsverfahren am Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen und die Senseering GmbH eine eigene Interpretation eines dezentralen, unternehmensübergreifenden Internet-of-Things-(IoT)-Datenraums unter dem vorläufigen Projektnamen "Machine Cloud" realisiert. Das System ermöglicht den nahtlosen Austausch von heterogenen IoT-Datenquellen innerhalb und außerhalb der eigenen Hallen. Die digitalen Assets sind so von überall aus sicher erreichbar und können auch remote genutzt, gesichtet und verwertet werden.
Alle Maschinen und Geräte an einem digitalen Ort
Gemäß den Vorgaben von GAIA-X erfolgt die Datenerfassung und -haltung souverän im eigenen Unternehmensnetzwerk. Durch eine dezentrale Architektur haben die Datenurherber jederzeit die Hoheit über die Nutzung und Freigabe ihrer eigenen Daten. Über einen intelligenten Katalog können alle sich im Netzwerk befindlichen und freigegebenen Daten anderer Netzwerkakteure aktiv durchsucht und gefunden werden. Zudem können die Akteure ihre eigenen Daten systematisch und granular ausgewählt mit anderen Teilnehmern teilen. Dies ermöglicht erstmals die gemeinsame Entwicklung automatisierter und datengetriebener Services auf Basis der geteilten Daten. Neue Services werden über den IoT-Datenraum zurückgespielt und dadurch für alle Akteure zugänglich gemacht.
Im Hintergrund sichert eine Blockchain- beziehungsweise Distributed-Ledger-Technologie (DLT) zusätzlich die Datenintegrität jeglicher Urheberdaten im gesamten System und gewährleistet somit eine lückenlose Nachverfolgung der Validitätder Daten. "Was bis vor kurzem unmöglich erschien, wird jetzt alltäglichsein: Die gemeinsame Entwicklung von KI-Diensten auf unterschiedlichen Datensets verschiedener Stakeholder für maximale Effektivität in produzierenden SupplyChains," so Professor Thomas Bergs, Geschäftsführender Direktor des WZL und Inhaber des Lehrstuhls für Technologie der Fertigungsverfahren, der die Machine Cloud Ende November 2020 eröffnete. Das System befindet sich aktuell in einer Pilotphase, die im September 2021 mit dem 30. Aachener Werkzeugmaschinen-Kolloquium (AWK) abschließen soll.
Autor(en): Wi