Der Zentralverband Oberflächentechnik e.V. (ZVO) verfolgt die aktuelle Debatte zur möglichen Einführung eines Industriestrompreises mit großer Aufmerksamkeit. Mit Blick auf die im europäischen wie im internationalen Vergleich hohen Strompreise begrüßt der Verband die Planungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) grundsätzlich. Er fordert aber auch die Einbeziehung der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in die Überlegungen zur Ausgestaltung eines geförderten Strompreises. Sie wären nach den Planungen des BMWK von der Strompreis-Förderung meist ausgeschlossen.
Laut dem Verband bedarf es entschlossener Maßnahmen, um die Wettbewerbsfähigkeit der energieintensiven Unternehmen in Deutschland zu wahren und diese bei der Transformation hin zu modernen, klimaneutralen Produktionsverfahren zu unterstützen. Auch die im ZVO zusammengeschlossenen, in erster Linie mittelständischen Unternehmen befinden sich mitten im aufwändigen und kostenintensiven Transformationsprozess, so der Verband. Die für zahlreiche Industriesektoren wesentliche Oberflächentechnik stehe dabei aufgrund der hohen Energieintensität insbesondere im internationalen Wettbewerb unter enormem Druck.
Die mittelständischen Unternehmen könnten die für die Transformation notwendigen umfangreichen Investitionen nur tätigen, wenn entsprechende Garantien bestünden, dass der geltende Strompreis mittel- und langfristig auf einem Niveau steht. Das vom BMWK am 5. Mai 2023 veröffentlichte Eckpunktepapier zur Einführung eines Industriestrompreises begrenze jedoch in nicht nachvollziehbarer Weise die Gruppe der Unternehmen, die zukünftig den vorgestellten „Brückenstrompreis“ beziehen könnten. Durch die Festlegung auf „energieintensive Industrieunternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen“ sowie den Bezug zur bisherigen Besonderen Ausgleichsregelung (BesAR) werden weitgehend nur die großen Unternehmen der Grundstoffindustrie profitieren, so der ZVO.
Zentrales Ziel des Brückenstrompreises müsse es jedoch sein, die Wertschöpfungsketten in Deutschland zu erhalten und im Zuge der Dekarbonisierung auf Dauer zu festigen. Nur so könne der Industriestandort Deutschland auch in Zukunft im internationalen Vergleich führend bleiben. Dem Mittelstand komme dabei eine zentrale Bedeutung zu.
Entscheidend werde also sein, dass ein möglicher Industriestrompreis (beziehungsweise Brückenstrompreis) so ausgestaltet wird, dass alle aufgrund ihrer Energieintensität gefährdeten Unternehmen – unabhängig von ihrer Größe – davon profitieren können. Die Europäische Kommission gebe mit ihren „Leitlinien für staatliche Klima- Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2022“ (KUEBLL) bereits heute zur Einordnung geeignete Kriterien vor. Alle Unternehmen, welche die darin festgelegten Kriterien erfüllen, sollten den staatlich fixierten Industriestrompreis erhalten können, so der Verband. Über entsprechende Härtefallkriterien könne dabei zusätzlich geregelt werden, dass auch die Unternehmen einbezogen seien, deren Sektor nicht explizit unter Anhang 1 der KUEBLL-Leitlinien genannt wird.
Abschließend betont der ZVO, dass hierbei weitreichende Eingriffe in den Markt vermieden werden müssen und grundsätzlich auch weiterhin auf Preisbildungsprozesse gesetzt werden sollte. Zu großen Teilen seien es nicht die eigentlichen Strompreise, sondern die zusätzlich zu zahlenden Steuern und Abgaben, die dazu führten, dass die von der Industrie zu zahlenden Preise im internationalen Vergleich zu hoch seien. Durch eine Anpassung dieser staatlich veranlassten Strompreisbestandteile könnte die Industrie schnell und unbürokratisch entlastet werden, ohne zu stark in die eigentliche Preisbildung einzugreifen und dauerhafte Subventionen möglichst zu vermeiden.
Als Vertreter einer Querschnittbranche des Mittelstands will der ZVO sich aktiv an der weiteren Diskussion zum Industriestrompreis und an der Erarbeitung eines wettbewerbsneutralen Modells beteiligen, das entlang der gesamten Wertschöpfungskette wirkt. Dazu sollte die Bundesregierung seiner Meinung nach den Dialog mit den betroffenen energieintensiven Branchen intensivieren und alle relevanten Akteure, von Großunternehmen bis zu KMUs, einbinden.
Autor(en): mak