In thermischen Kraftwerken sorgen Kalkablagerungen für eine erhebliche Minderung der Effizienz der Anlagen: Bereits eine nur 1 mm dicke Kalkschicht in den Leitungen der Wärmetauscher senkt die Effizienz der Stromproduktion um circa 1,5 %. Um den europaweiten Verlust auszugleichen, müssten 8,7 Millionen Tonnen Steinkohle zusätzlich verbrannt werden.
Ein Forschungsteam der ETH Zürich und der Universität Berkeley hat eine spezielle Beschichtung erfunden, die die Anhaftung von Kalkkristallen verhindert. Es untersuchte dafür die Wechselwirkung von wachsenden Kalkkristallen, der umgebenden Wasserströmung und der Oberfläche auf mikroskopischer Ebene. Darauf basierend wurden Beschichtungen aus verschiedenen Materialien entwickelt und getestet.
Als wirksamste Beschichtung stellte sich ein Polymer-Hydrogel heraus, dessen Oberfläche die Forschenden mit mikroskopisch kleinen Rippen versehen hatten. Seine Mikrostruktur orientiert sich an Haischuppen, deren Rippenstruktur die Bildung von Oberflächenbelägen unterdrückt. Im Wasserkocher oder Heizkessel sorgen die Rippen dafür, dass die Kalkkristalle weniger Kontakt zur Oberfläche haben, sich nicht festsetzen können und von dem über das Hydrogel und durch die Rippenstruktur fließende Wasser fortgetragen werden. Das passive Abtragen der mikroskopischen Kristalle verhindert, dass sie zu einer hartnäckigen Schicht zusammenwachsen. Bei Experimenten wurden bis zu 98 % aller zuvor auf einer mit Hydrogel beschichteten Oberfläche gewachsenen Kalkkristalle mit einer Größe von etwa 10 μm abgetragen. Im Gegensatz zu bisherigen Entkalkungsmethoden, bei denen bis heute teilweise giftige und aggressive Chemikalien verwendet werden, ist das Hydrogel biokompatibel und umweltfreundlich.
Die Originalpublikation zur Studie erschien in der Fachzeitschrift Science Advances:
Schmid J, Armstrong T, Dickhardt FJ, Rameez Iqbal SK, Schutzius TM. Imparting scalephobicity with rational microtexturing of soft materials. Science Advances 9, eadj0324 (2023). DOI:10.1126/sciadv.adj0324
Autor(en): spa